Editorial

Antrags-Eseleien (2)

(22.5.17) Fördermittel beantragen für etwas, das man bereits gemacht hat – viele tun es, aber ist es "regelkonform"? Zumindest in einem solchen Fall erteilte die DFG bereits eine Rüge. Ob sie damit allerdings etwas geändert hat?
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Kaum hatten wir am 16.5. an dieser Stelle unser Editorial „Antrags-Eseleien“ gepostet, wurde auch schon auf Twitter darüber diskutiert…

In dem besagten Editorial beschrieben wir die Praxis, ein Projekt n möglichst schon fast fertig zu haben, bevor man den Förderantrag n dazu schreibt. Da man auf diese Weise schon so viel Definitives zu Projekt n weiß, steigen sicherlich die Erfolgschancen des Antrags n. Wird dieser dann bewilligt, macht man Projekt n schnell fertig – und startet mit dem Gros des Geldes umgehend Projekt n+1. Irgendwann hat man damit genug Daten für Antrag n+1 zusammen, schreibt diesen – und das gleiche Spiel geht mit n+1 und n+2 von Vorne los.

Auf diese Weise laufen die Anträge stets den Projekten hinterher wie der sprichwörtliche Esel der Karotte (siehe Bild). Und es ist gilt als offenes Geheimnis, dass viele im wirbelnden Laufrad der Antragsstellerei das strenge Tempo nur auf diese Weise mithalten können.

Soweit die Zusammenfassung des obigen Editorials.

Unser Autor Hans Zauner fragte daraufhin umgehend auf Twitter:

 

Editorial

 

Und tatsächlich erinnerte sich der Autor dieser Zeilen umgehend an einen Fall von 2011, als die DFG jemanden ausdrücklich wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens rügte, der dieses „n+1-Spielchen“ offensichtlich zu weit getrieben hatte. Also warf er dies mit in die Twitter-Diskussion:

 

 

 

Die DFG schrieb damals wörtlich zu dem Fall:

„Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zieht ein weiteres Mal Konsequenzen aus dem wissenschaftlichen Fehlverhalten von Antragstellern. Der Hauptausschuss sprach jetzt erneut eine „schriftliche Rüge“ gegen einen Wissenschaftler aus. Der Antragsteller hatte in einem bei einer Zeitschrift eingereichten Manuskript über Untersuchungen und Arbeitsergebnisse berichtet, die er laut seines bei der DFG eingereichten Antrags eigentlich erst noch nachweisen und durchführen wollte. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens wurde festgestellt, dass die Arbeitsziele des Antrags tatsächlich bereits experimentell durchgeführt worden und durch das eingereichte Manuskript und die später veröffentlichte Publikation belegt waren. Dies stellt nach Auffassung des Hauptausschusses ein wissenschaftliches Fehlverhalten dar. Mit seiner Rüge folgte der Hauptausschuss einer Empfehlung des DFG-Ausschusses zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens.

Nach Ansicht des DFG-Ausschusses und nun auch des Hauptausschusses setzt sich der Antragsteller dem Vorwurf einer „Falschangabe“ im Sinne der Verfahrensordnung der DFG zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten aus, wenn er in seinem Antrag die Durchführung von Experimenten in Aussicht stellt und vorgibt, diese Untersuchungen müssten erst noch erfolgen, obwohl diese tatsächlich bereits durchgeführt worden sind und die Ergebnisse vorliegen.“

Wir lernen also daraus, dass das Timing beim „n+1-Spiel“ unbedingt stimmen muss. Denn reicht man vor dem Antrag n bereits ein Manuskript über das Projekt n bei einer Zeitschrift ein, können die Gutachter der DFG dies durchaus herausbekommen. Und dann könnte Deutschlands oberste Forschungsförderungs-Organisation sehr wohl ziemlich verschnupft reagieren. Wie in diesem Fall.

Obwohl… So arg „verschnupft“ war das vielleicht gar nicht. Der Regensburger Neurobiologe Björn Brembs kommentierte daraufhin jedenfalls:

 


Gut, dazu muss man aber Bedenken, dass die DFG selbst lediglich die Rüge und den Antragsausschluss als Sanktionsmöglichkeiten einsetzen kann. Zu weiteren Sanktionen hat sie keine Rechtsgrundlage.

Aber Brembs könnte schon Recht haben, wenn er wiederum twittert:

 

 


Wie gesagt, könnte sein. Schließlich fügte auch die DFG ihrer Rüge damals noch relativierend hinzu:

„[…] Nach Auffassung des DFG-Ausschusses entbindet jedoch auch dies einen Antragsteller gegenüber der DFG nicht von der Sorgfaltspflicht, seinen Antrag bei Einreichung mit dem Stand beabsichtigter Publikationen abzugleichen. Bei einer Antragstellung müssten sicherlich auch überzeugende Vorarbeiten geleistet worden sein. Ein fertiges Manuskript mit den entsprechenden Arbeitsergebnissen dürfe aber noch nicht vorliegen.“

Wer von den vielen „n+1-Strategen“ jetzt in leichte Schockstarre gefallen ist, kann also beruhigt durchatmen! Klar, ein fertiges Manuskript ist sicherlich zu viel des Guten. Aber wie viele Ergebnisse sich jetzt wie weit unter „überzeugende Vorarbeiten“ einordnen lassen, ist doch glücklicherweise seeeeehr dehnbar.

Also wieder rühren – und weitermachen!

Ralf Neumann



Letzte Änderungen: 19.06.2017