Editorial

Warum heißt Ihre Firma eigentlich BBI-Biotech, Herr Wilhelm?

(20.7.17) Rede und Antwort steht der Wirtschaftsingenieur Ronnie Wilhelm, Entwickler im Berliner „Familienbetrieb“ BBI-Biotech.
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Produktentwickler Ronnie Wilhelm (rechts)
© BBI-Biotech

Sie und der BBI-Biotech Geschäftsführer Bernd-Ulrich Wilhelm haben den gleichen Nachnamen. Das ist vermutlich kein Zufall, oder?

Ronnie Wilhelm: Das stimmt, Bernd-Ulrich Wilhelm ist mein Vater. Wir sind so eine Art Familienunternehmen. Meine Schwester ist in der Buchhaltung, ich in der Entwicklung für unsere Probenahmetechnologien und mein Vater ist der Chef.

Und er hat die Firma auch gegründet?

Wilhelm: Genau. Das technische Know-how hat er sich die letzten 30 Jahre angeeignet. Er hat in den großen Firmen dieser Branche gearbeitet; beispielsweise war er bei Sartorius lange als Verantwortlicher für Forschung und Entwicklung (F&E) sowie den Vertrieb der Bioreaktoren verantwortlich. Vorher gehörte die Bioreaktorfirma der B. Braun Melsungen AG, die diese Sparte an Sartorius verkauft hat.

Und den Namen BBI-Biotech hat Ihr Vater einfach übernommen? BBI steht für Braun Biotech International, nicht wahr?

Wilhelm: So hieß es damals, für uns ist es jetzt Berlin Brandenburg International. Das Kürzel BBI hat in der Biotechnologie einen großen Namen, zum Beispiel auch als Abkürzung für die Biobased Industry. Als Sartorius damals die Firma von Braun gekauft hat, hieß sie noch BBI. Sartorius meinte dann aber, dass dieser Name nicht in ihre Marketingkonzept passt und gab ihn im Jahr 2007 als Marke auf.

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BBI oder auch BB als Kürzel ist in der Biotechbranche generell nicht selten. Zum Beispiel BBI Solutions, ein britischer Reagenzienanbieter, oder die BB Biotech AG, eine große Schweizer Biotechbeteiligungsgesellschaft. Haben Sie keine Angst vor Namensverwechslungen?

Wilhelm: Das sagt mir nichts. Wenn jemand BBI hört, im Bereich Biotechnologie, denkt er an BBI-Biotech. Ungefähr 20.000 Bioreaktoren weltweit tragen dieses Logo. Deshalb denken die Leute zuerst an uns und erst dann an irgend jemand anderen. Irgendwann hatte unser Chef die Idee mit der Probenahme, die im Prinzip das Zugpferd unserer Firma sein sollte, und auch der eigentliche Grund war, die Firma zu gründen. So eine Technologie gab es noch nicht, obwohl der Markt im Prinzip danach schreit. Sein Gedanke war dann, das Kürzel BBI wieder aufleben zu lassen. Das steckt dahinter.

Es werden bereits seit Jahrzehnten tagtäglich Proben aus Fermentern und anderen Bioreaktoren gezogen. Was macht Ihre Probenahme so bemerkenswert?

Wilhelm: Wenn Wissenschaftler im Labor mit Bioreaktoren arbeiten, dann wollen sie meist etwas messen, Glukosegehalt oder Zellzahl beispielsweise. Problem ist, dass man nicht direkt im Bioreaktor messen kann. Denn bevor der benutzt wird, wird er sterilisiert. Dampfsterilisation oder Gammasterilisation würden Sensoren, die man theoretisch in einen Bioreaktor packen könnte, zerstören noch bevor sie benutzt wurden. Deswegen müssen erst Proben aus dem Reaktor gezogen werden, um sie dann später zu analysieren. Was heute noch zu weit über 90 Prozent passiert ist, dass wirklich jemand im Labor steht und die Probe per Hand aus dem Reaktor zieht. Das Problem dabei ist, den Reaktor steril zu halten.

Es gab schon eine Menge Firmen, die versucht haben, diesen Prozess zu automatisieren. Wir wissen zum Beispiel, dass Bayer über fast ein Jahrzehnt probiert hat, so eine Technologie herzustellen. Sie sind aber im Endeffekt gescheitert, weil es wirklich kompliziert ist. Gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut in Magdeburg, das auch das Patent darauf hat, haben wir diese Technologie entwickelt und halten die exklusive Lizenz. Die Idee ist schon so alt wie die Firma. Aber wir sind jetzt erst seit ein, zwei Jahren soweit, dass wir ein marktfähiges Produkt haben. Aus allen Flüssigbioreaktoren, egal ob das ein 200-Milliliter-Gefäß oder ein 10.000-Liter-Tank ist, können wir mit der gleichen Technologie Proben ziehen, mit unserem „Bioprobe Quad[ein automatisches Probenahmesystem; die Red.] sogar aus vier Bioreaktoren gleichzeitig.

Und dann geht’s weiter für die Proben. Werden die erst einmal gelagert?

Wilhelm: Die Proben wandern dann in einen Autosampler, zum Beispiel den „Multisam“. Der hat gerade auf der Hannovermesse den Industriepreis 2017 gewonnen [siehe Foto; die Red.]. Hier können die Proben gekühlt werden, oder es können externe Analysegeräte angeschlossen werden.

Der Vorteil ist aber nicht nur, dass Sie steril entnehmen können, sondern dass auch nicht dauernd jemand daneben stehen muss, oder?

Wilhelm: Genau. Einer unserer ersten Kunden ist ein großes deutsches Pharmaunternehmen mit einem starken Betriebsrat. Dort wurden jeden Tag Proben aus einem Reaktor gezogen, auch am Wochenende. Irgendwann kam die Regelung, dass nicht ein Mensch allein ins Labor darf. Außerdem muss er, wenn er zur Arbeit kommt, eine volle Schicht bezahlt bekommen. Das hieß für das Unternehmen, dass es jedes Wochenende vier volle Schichten zahlen musste, um zweimal eine halbe Stunde eine Probe zu ziehen.

Ihre Kunden sind also eher großindustrielle Unternehmen?

Wilhelm: Unsere Bioreaktoren kaufen sowohl Universitäten als auch große Pharmaunternehmen. Aber die Probenahmesysteme richten sich in erster Linie wirklich an die Industrie. In den Unis gibt es meistens studentische Hilfskräfte, die auch am Wochenende Proben ziehen müssen.

Und es gibt keinen Betriebsrat.

Wilhelm: [Lacht] Genau.

Die Fragen stellte Sigrid März

Steckbrief: BBI-Biotech GmbH

Gründung: November 2007

Sitz: Berlin

Mitarbeiter: 12 feste Mitarbeiter sowie Werkstudenten nach Bedarf

Produkt: Bioreaktoren sowie Probenahmegeräte für eben diese.

Foto: Das Team der BBI-Probenahmeentwicklung: Jan Millauer (links) der Interviewte, Ronnie Wilhelm (rechts). Foto: BBI-Biotech.

 



Letzte Änderungen: 23.08.2017