Editorial

Vorteilhafte Vektoren

(31.01.2018) Klonierung ist ein kniffliger Job. Ein Team aus Regensburg entwickelte sechs standardisierte Plasmide, die das Klonieren in E. coli vereinfachen und beschleunigen.
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(31.01.2018) Ausgangspunkt der neuen Klonierungsvektoren, die Reinhard Sterners Gruppe vom Institut für Biophysik und physikalische Biochemie der Uni Regensburg entwickelte, ist die klassische Golden-Gate-Klonierung. Diese nutzt Typ-IIS-Restriktionsenzyme, die DNA abseits ihres Erkennungsmotivs schneiden; entsprechend positioniert, wird dieses beim Schneiden wieder entfernt.

Die Sequenz der entstehenden klebrigen Enden ist daher frei wählbar und nicht, wie bei sonstigen Klonierungen, durch das Restriktionsenzym vordiktiert. Da der Schnitt des Restriktionsenzyms und die anschließende nahtlose Ligation der überhängenden Enden an unterschiedlichen Positionen stattfinden, reicht für die Reaktion eines einziges Tube.

Die Herstellung Golden-Gate-kompatibler Vektoren ist aber etwas aufwändig. Durch den Schnitt des Restriktionsenzyms sollten möglichst lange Überhänge entstehen, damit nicht die falschen Fragmentzipfel anbandeln. Das bayerische Team entschied sich für die beliebten pET-Vektoren, die häufig für die Expression His-getaggter Proteine in E. coli eingesetzt werden und peppte sie für die Golden-Gate-Klonierung auf.

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Weg mit den Schönheitsfehlern

Im gleichen Aufwasch bügelten die Regensburger einige nervige Schönheitsfehler von pET-Plasmiden aus: Die Multiple Klonierungsstelle (MCS) ist bei diesen zwar reich bestückt, doch infrage kommt meist nur die NdeI-Schnittstelle. Alle anderen führen dazu, dass ein beachtlicher Aminosäure-Schwanz an das Wunschprotein angehängt wird. Die ungewollten Anhängsel können die Eigenschaften von Proteinen verfälschen, die Expressions-Effizienz bremsen oder die korrekte Protein-Faltung vereiteln. Als zusätzlicher Wermutstropfen kommt hinzu, dass NdeI nur kurze Überhänge von zwei Basenpaaren erzeugt, die bei der Ligation entsprechend schlecht überlappen.

Die Forscher schnappten sich als erstes pET21- und pET28-Vektoren (für die Expression von Fusionsproteinen mit C- bzw. N-terminalen His-Tags), warfen die gesamte MCS raus und ersetzten diese durch eine kurze Sequenz aus zwei BsaI-Schnittstellen. BsaI ist ein TypII-Restriktionsenzym, das Überhänge mit vier Basenpaaren hinterlässt (CATG am 5´- und CTCG am 3´-Ende). Mithilfe einer zielgerichteten Mutagenese entfernte das Team sämtliche internen BsaI-Erkennungssequenzen.

Umfangreiche Umbauarbeiten

Dasselbe Umbau-Prinzip verwendeten Sterners Mitarbeiter bei drei weiteren Expressionsvektoren sowie dem Vektor pTNA, der für Genbibliotheken eingesetzt wird. Am Ende der Umbauarbeiten stand schließlich ein Set aus sechs kompatiblen Golden-Gate-Plasmiden mit standardisierter BsaI-Klonierungsstelle: pET21_BsaI, pET28_BsaI, pTNA_BsaI sowie pMAL_BsaI (N-terminaler maltose-binding Protein-Tag zur besseren Löslichkeit, kann bei Reinigung abgespalten werden), pUR22 und pUR23 (C- bzw. N-terminaler His-Tag in „exotischen“ E.coli-Stämmen, denen T7-Polymerase fehlt).

Kompatibel bedeutet, dass man für jedes Wunsch-Gen, das man via PCR in einen der sechs Vektoren klonieren möchte, dieselben Primer verwenden kann. Theoretisch könnte man vermutlich sogar Verdau und Ligation für mehrere Klonierungen im selben Tube ansetzen, solange die Vektoren unterschiedliche Antibiotika-Resistenzkassetten tragen.

Die Primer-Sequenzen leiten sich vom Genanfang beziehungsweise -ende ab (jeweils ohne Start- beziehungsweise Stopcodon) und mogeln jeweils eine BsaI-Erkennungsstelle in das Amplifikationsprodukt. Zwischen BsaI-Erkennungsstelle und Gensequenz liegt die vier Basenpaar-lange Sequenz, aus der nach dem Restriktionsverdau die zum Vektor passenden klebrigen Enden entstehen. Das Paper der Gruppe enthält eine detaillierte Anleitung für das Design der nötigen PCR-Primer und auch sonst lässt der Supplementary-Teil keine Frage offen.

50 Mal im Wechselbad

Für die Klonierung mischt man PCR-Produkt, Vektor, Puffer, BsaI und Ligase und inkubiert das Ganze 50 Runden alternierend für je 5 Minuten bei 37°C (Schnitt) und 16°C (Ligation) in einem Thermocycler.

Durch die Vorzüge der Golden-Gate-Klonierung (Ein-Topf-Reaktionsgemisch und mehr als 95% Ligationseffizienz) spart man Zeit und kann auf Kontrollschritte wie Kolonie-PCRs verzichten. Genbibliotheken, zum Beispiel als Startmaterial für die gerichtete Evolution, lassen sich mit dem neuen pTNA_BsaI-Vektor leichter und effizienter erstellen. Laut Autoren sind die gewonnenen Bibliotheken zehn- bis hundertmal größer als bei der traditionellen Klonierung (mit zwei Restriktionsenzymen und getrenntem Verdau/Ligation).

Trotz der Vorteile der standardisierten Plasmide sollte man nicht vergessen, dass es schwer ist, ein Fragment aus den MCS-freien Vektoren wieder herauszubekommen. So wäre zum Beispiel das Shuffling eines Wunschfragments, zum Beispiel eines Vertreters einer Genbibliothek, ohne erneute PCR in andere Vektoren nicht möglich. Es sei denn, man schmuggelt neue Restriktionsstellen in die ursprünglichen Primer - und muss dann unter Umständen wieder ungewollte Anhängsel in Kauf nehmen.

Andrea Pitzschke

Korrektur (01.02.2018): Statt 50 Runden für 5 Minuten inkubiert man den Ansatz 50 Runden alternierend für je 5 Minuten bei 37°C (Schnitt) und 16°C (Ligation).



Letzte Änderungen: 31.01.2018