Editorial

Außer Spesen nichts gewesen...

Das Sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kunst serviert nach langem Berufungsverfahren und angenommenem Ruf einen Pharmakologie-Professor ab.

(10.09.2007) Die Deutsche Gesellschaft für Pharmakologie und der Hochschulverband erregen sich über das Verhalten des Sächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Die TU Dresden hatte eine W2-Stelle für Pharmakologie und Toxikologie ausgeschrieben. Wann das genau war, konnte sich bei einem Anruf von Laborjournal im Dekanat niemand erinnern. Es sei jedenfalls schon Jahre her, der Erstplazierte und der Zweitplazierte hätten abgesagt und man hätte dann mit dem Drittplazierten verhandelt.

Am 3. Februar 2006 hatte dieser den Ruf erhalten. Die Ministerin gratulierte. Es gab Berufungsverhandlungen und am 6. September 2006 nahm der Bewerber den Ruf an. Am 16. September 2006 wurde Eva-Maria Stange, eine ehemalige Lehrerin, sächsische Ministerin für Wissenschaft und Kunst. Es geschah erstmal nichts. Am 9. Februar 2007 sagte der Dekan der Medizinischen Fakultät der TU Dresden dem Bewerber ab, man sei gezwungen, "zusätzliche Einsparungen zu erbringen". Das hängt vermutlich mit der Politik des sächsischen Finanzministers Horst Metz zusammen, der ein Verbot neuer Schulden will. Metz zog die Notbremse und im Abrieb der Bremsspur blieb eben die Dresdner Pharmakologie-Professur liegen. Verständlich, denn offensichtlich war der neue W2 als Drittplazierter den Dresdnern nicht der Liebste. Der allerdings, ebenfalls verständlich, fühlt sich düpiert und veräppelt. Unverständlich ist aber die Reaktion der Fachgesellschaft und des Hochschulverbands. Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie schreibt einen Artikel im Biospektrum (wodurch wir auf die Sache aufmerksam wurden), und der Präsident des Hochschulverbandes will zu dem Fall einen Artikel in Forschung und Lehre schreiben. Es ist zwar anerkennenswert, dass sich die Herren derart für ein Mitglied einsetzen, aber ich meine, dass die Reaktion unverhältnismäßig ist.

Ein ungleich größerer Skandal als das Abservieren eines Drittplatzierten ist die durchweg lange Dauer der Berufungsverfahren. Die macht nicht nur das Abservieren zur persönlichen Katastrophe (der Mann muss sich jetzt wieder aufs neue bewerben und kann wieder Jahre in den Sand setzen), sondern ist ein Loch durch das ungeheuer viel Zeit und Energie und Enthusiasmus ins Nirwana plätschert. Dem Präsidenten des Hochschulverbandes würde es besser anstehen, sich um das grundsätzliche Problem der langen Dauer von Berufungsverfahren – früher ging das in vier Wochen, heute kann es vier Jahre dauern – zu kümmern, anstatt sich in Einzelfällen aufzureiben.

Hubert Rehm

Photos: Angel: iStockphoto/Andrew Johnson, Hand+Hut: iStockphoto/heath doman; Montage: Lara Winckler



Letzte Änderungen: 11.09.2007