Editorial

Die Abstauber

Sie haben es schon immer gewusst: In der klinischen Forschung steckt der Wurm! In Laborjournal 12/2007 finden Sie auf den Seiten 12 bis 19 unter dem Titel "Die Abstauber" eine Geschichte, die zeigt, dass dieses Vorurteil keines ist.

(03.12.2007) Sie haben es schon immer gewusst: In der klinischen Forschung steckt der Wurm! In Laborjournal 12/2007 finden Sie auf den Seiten 12 bis 19 unter dem Titel "Die Abstauber" eine Geschichte, die zeigt, dass dieses Vorurteil keines ist.

Worum geht es?

Die Basler Pharmafirma Novartis initiierte eine Studie, die Klarheit darüber schaffen sollte, ob Herztransplantationspatienten, die eine Deletionsmutante des CC5-Rezeptors (CCR5delta32) tragen, das fremde Organ langfristig besser vertragen. Wegen seiner einschlägigen Vorarbeiten wandte sich Novartis damit zuerst an den Münchner Molekularbiologen Bruno Luckow. Der erklärte sich bereit, die Genotypisierung der Patienten zu übernehmen. Zudem entwickelte er ein Verfahren, das die Genotypisierung anhand von Blut erlaubt, das bei Raumtemperatur aufbewahrt wurde.

Die Rekrutierung der Patienten übernahm eine Medizinergruppe um Manfred Hummel vom Paulinenkrankenhaus in Berlin. Es wurde Blut von Patienten entnommen, die vor durchschnittlich 13,5 Jahren operiert worden waren.

Das Ergebnis: In der homozygoten Frequenz von CCR5delta32 bestand kein signifikanter Unterschied zwischen Herztransplantationspatienten und der Normalbevölkerung.

Luckow hatte nun aber aus Versuchen bei Mäusen Hinweise darauf bekommen, dass die Normalbevölkerung die falsche Kontrolle für die Versuche sei. Nach seinen Erkenntnissen bestand Grund anzunehmen, dass es bei Trägern von CCR5delta32 seltener zu Herztransplantationen kommt. Die richtige Kontrolle für die Studie wäre also nicht die Normalbevölkerung, sondern Patienten auf einer Warteliste für Herztransplantationen. Er trug diese These den an der Studie beteiligten Medizinern vor.

Die lehnten es ab, zusätzlich noch Wartelistepatienten zu untersuchen und drängten auf eine Veröffentlichung der vorhandenen Ergebnisse. Luckow solle das Paper schreiben. Der weigerte sich. Luckow lehnte es auch ab, Autor einer Studie zu sein, die keine eindeutigen Schlüsse zulasse.

Daraufhin beauftragte Novartis einen professionellen Schreiber mit dem Verfassen des Artikels und dieser erschien schließlich im April 2007 in Transplant Immunology. Autoren waren die Mediziner, auf Luckow wird in dem Artikel nirgends verwiesen: Weder dass er die Experimente gemacht hatte, noch dass die Wartelistehypothese von ihm stammt. Auch dass die Idee für die Studie von Novartis ausging wird verschwiegen. Luckow bekam das Manuskript vor seiner Einreichung nicht zu sehen. Er stieß zufällig bei einer Internetrecherche darauf. Seine Reaktion darauf war untenstehender Brief an Transplant Immunology. Die Antwort des Herztransplantateurs Manfred Hummel haben wir ebenfalls beigefügt. Details und Hintergründe entnehmen Sie bitte dem Artikel im Laborjournal.

Siegfried Bär



Letzte Änderungen: 03.12.2007