Editorial

Siechtum der deutschen Forschung - welche Arznei hilft?

Im Ranking der Shanghai Jiao Tong University des Jahres 2007 rangieren deutsche Universitäten im weltweiten Vergleich unter "Ferner liefen". Wie kann man das ändern? Brauchen wir Millionen für Genies, die als Leuchttürme der Forschung fungieren, mehr Zusammenarbeit zwischen Unis und MPIs?

(29.01.2008) Das Institute of Higher Education der Shanghai Jiao Tong University hat 2007 ein Ranking der weltweit besten Universitäten veröffentlicht. Grundlage der Einstufung waren errungene Wissenschaftspreise, Ausstoß qualitativ hochwertiger Publikationen und die Größe der Institution. Spitzenplätze belegen erwartungsgemäß die amerikanischen Universitäten Harvard, Stanford und Berkeley. Die englischen Universitäten Cambridge und Oxford rangieren auf den Plätzen 4 und 10, das Imperial College London und das University College London auf den Plätzen 23 und 25. Die ETH Zürich belegt Platz 27. Die besten deutschen Universitäten sind die LMU München und die TU München auf den Rängen 53 und 56 sowie die Universität Heidelberg auf Rang 65.

Das Ranking hat Schwächen. Es ist kein echter Leistungsvergleich, berücksichtigt also nicht die finanziellen Aufwendungen der Universitäten. Außerdem bezieht es die gut ausgestatteten deutschen Max-Planck-Institute nicht mit ein. Schließlich sagen allgemeine Rankings nichts aus über das Niveau einer konkreten Forschungsrichtung an einer akademischen Einrichtung. Dennoch kann man angesichts der Tatsache, dass auch andere Rankings seit Jahren zu etwa dem gleichen Schluss kommen, sich der Einsicht nicht verschließen, dass die deutsche Forschung schwächelt.

Was kann man dagegen tun?

Eine Gruppe von neun Professoren und Emeriti aus Deutschland und den USA schlägt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine stärkere Eingliederung der Max-Planck-Institute in die universitäre Lehre und Forschung vor. Doch ist diese in Form der Max Planck Research Schools und durch Berufung von Wissenschaftlern als Max-Planck-Direktoren und Universitätsprofessoren bereits teilweise verwirklicht.

Zudem müssen Max-Planck-Institute in einem Leistungsvergleich nicht unbedingt besser abschneiden als Universitätsinstitute, wie Benno Müller-Hill vor einigen Jahren gezeigt hat. Doppelfunktionen könnten die Last der administrativen Aufgaben erhöhen und die Forschung der Max-Planck-Direktoren weiter Richtung Mittelmaß drücken. Ein Vorteil einer engeren Kooperation zwischen Max-Planck-Instituten und Universitäten wäre eine stärkere Hinführung von qualifizierten Doktoranden zu den Max-Planck-Instituten. Aber wandern die nicht sowieso dorthin ab? Und wäre das aus Sicht der Universitäten wünschenswert?

Die Professorengruppe plädiert auch für die stärkere Anwendung des Harnack-Prinzips, wonach bestens ausgestattete Institute um eine herausragende Forscherpersönlichkeit organisiert werden sollen, um Forschern in Deutschland vermehrt zu Nobelpreisen zu verhelfen. Damit wird ein alter Zopf aus Kaiser Wilhelms Zeiten wieder aufgewärmt. Anscheinend fällt den Herren nichts Neues ein.

Herausragende Forschung benötigt eine solide Basis auf hohem Niveau. Wie wäre es mit einer Forschungslandschaft, die, ähnlich wie in England, ausgiebig fortgeschrittene Forscher in die wissenschaftliche Arbeit einbezieht, anstatt sich vorwiegend auf ein Jugendorchester aus Diplomanden, Doktoranden und Junior Postdocs zu stützen? Während die Universität Cambrigde Doktoranden akzeptiert, die jahrelange Forschungserfahrung als Biologe mit Masterabschluss haben und über dreißig sind, haben solche Kollegen in Deutschland kaum eine Chance auf eine Doktorandenstelle – aus "Altersgründen"!

Deutsche Arbeitsgruppen haben auch häufig keine Nachschubfinanzierung in Form großer Forschungsanträge, um erfahrene Mitarbeiter langfristig zu halten und zu fördern – unabhängig vom ausgedünnten Stipendiendschungel. Dazu kommt die Arroganz mancher Ordinarien: Selbst wenn sie keinen müden Euro für eine Stelle haben, hält sie das nicht davon ab, bei Initiativbewerbungen unverschämte Forderungen zu stellen oder bei vorhandenen Mitteln Bewerber durch dumme Sprüche zu vergraulen – zum Beispiel ins Ausland.



Bettina Dupont

Quellen:

http://ed.sjtu.edu.cn/...

http://www.faz.net/...



Letzte Änderungen: 04.08.2008