Editorial

Open Access weltweit

Open Access-Journale gibt es inzwischen überall auf der Welt. In Ländern, aus denen vielbeachtete Spitzenforschung kommt ebenso, wie in solchen, wo die Forschung noch in den Kinderschuhen steckt.

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(5. Januar 2012) Das Internet hat es möglich gemacht: Das ganze Wissen unserer Zeit ist für jedermann global zugänglich geworden. Theoretisch. Vor allem bei wissenschaftlichen Publikationen gilt es oft eine Hürde zu überwinden: Nur gegen eine Gebühr gibt es Zugriff auf Erkenntnisse aus der Forschung. Gegen solche Beschränkungen kämpft die Open Access (OA)-Bewegung weltweit – bis in die entlegensten Länder.


Die OA-Bewegung betrachtet Erkenntnisse der Wissenschaft als freies kulturelles Gut und hat sich zum Ziel gesetzt, jedermann einen barrierefreien Zugang dazu zu ermöglichen. So wurde es in der Berliner Erklärung festgehalten, die 2003 von Vertretern nationaler und internationaler Forschungseinrichtungen unterzeichnet wurde, unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Max Planck-Gesellschaft (MPG), der Academia Europaea und dem Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS).


Neben diesen Organisationen gibt es viele weitere, die die Etablierung von OA-Modellen weltweit unterstützen. In den USA beispielsweise sind die National Institutes of Health (NIH) ein wichtiger Drittmittelgeber. NIH-Fördergelder sind seit Längerem an die Bedingung geknüpft, daraus hervorgehende Publikationen nach spätestens 12 Monaten der Allgemeinheit zugänglich zu machen. „Solch eine Verpflichtung gibt es in Deutschland nicht“, erklärt Anja Stöber, zuständig für Open Access Policy an der Max Planck Digital Library in München. Das bestätigt auch Anita Eppelin, Biologin und Informationswissenschaftlerin bei der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin (ZBMED) in Köln: „Die USA sind hier Vorreiter. Bis wir in Deutschland soweit sind, ist es noch ein langer Weg. Aber es gibt diverse Institutionen, die die Entwicklung von Open Access unterstützen.“


Die DFG ist eine davon. Sie stellt finanzielle Mittel für die Entrichtung der article processing fee zur Verfügung. „Viele wissen jedoch nicht, dass inzwischen schon oft Förderorganisationen dafür aufkommen“, erläutert Anita Eppelin. Etwa 1.500 Euro fallen im author pays-Modell für eine OA-Publikation an, vor allem um die Kosten des peer review zu decken. „Ein Teil der OA-Zeitschriften verlangt aber keinerlei Publikationsgebühren“, ergänzt Anita Eppelin.


Auch die UNESCO als Förderer von Erziehung, Wissenschaft und Kultur unterstützt die Weiterentwicklung von OA. Vor Kurzem hat sie das Global Open Access Portal (GOAP) ins Leben gerufen. Dieses Portal bietet die Möglichkeit sich über Förderorganisationen, Netzwerke oder einfach den aktuellen Status von OA weltweit zu informieren.


Vor allem in Europa, Nordamerika und Japan gibt es demnach ein vielfältiges Angebot an OA-Journalen und Fördermöglichkeiten. Die drei Regionen stellen insgesamt fast zwei Drittel der im Directory of Open Access Journals (DOAJ) verzeichneten OA-Journale. Doch hat beispielsweise der südamerikanische OA-Vorreiter Brasilien mit 656 Stück die zweitmeisten OA-Journale nach den USA zu verzeichnen.


In Asien und den Pazifikstaaten publizieren laut GOAP hauptsächlich Forscher aus Japan, Taiwan, Indien und Australien in OA-Journalen. In Japan zum Beispiel gibt es besonders viele sogenannte OA-Repositorien, in denen über 700.000 wissenschaftliche Publikationen frei zugänglich sind. Aber auch in Ländern, von deren Wissenschaft man wenig hört, gibt es eine OA-Bewegung. In Vietnam beispielsweise unterstützt die Vietnam Book Drive Initiative zusammen mit dortigen Universitäten die Etablierung eines OA-Netzwerkes.


Auch in Afrika wächst die OA-Bewegung, auf dem Kontinent gibt es bereits über 300 OA-Journale, 43 davon kommen aus Südafrika, dem afrikanischen Land, in dem OA am weitesten verbreitet ist. Selbst in Sierra Leone gibt es eine OA-Zeitschrift: The Sierra Leone Journal of Biomedical Research. Vor allem in ärmeren Ländern verhindern jedoch oft andere Faktoren den Zugriff auf das Wissen unserer Zeit: Hohe Kosten für den Internetzugang oder dessen schlechte Verfügbarkeit in ländlichen Regionen.


Insgesamt betrachtet, hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Doch noch immer entschließen sich relativ wenige Wissenschaftler – auch hierzulande – dazu, über OA-Angebote zu publizieren. Gründe dafür sind oft die entstehenden Kosten oder die Befürchtung, dass ein OA-Artikel in der Wissenschaftswelt weniger anerkannt werden könnte. Nach wie vor das größte Problem scheint jedoch zu sein, dass die meisten Autoren gar nicht wissen welche Angebote, Möglichkeiten und Zeitschriften es überhaupt gibt.


„Im Moment ist alles immer noch im Umbruch“, meint auch Anja Stöber: „Aber da ist viel Bewegung drin! Langsam lässt sich erahnen welche Gestalt das einmal annehmen wird. Trotzdem sind wir noch immer weit vom Ziel entfernt. Und das heißt ganz klar: Open Access!“

 

 

Stefanie Haas
Bild: jarts/photocase



Letzte Änderungen: 24.01.2012
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