Editorial

Alle meine entchen

Das tierfreundlichste Klinikum weit und breit befindet sich in der bayerischen Landeshauptstadt.
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(23. August 2013) Mitunter begegnet einem die Inspiration dort, wo man sie am wenigstens erwartet. So erging es mir, als meine Augen bei der Lektüre des neuesten Laborjournals über eine der Stellenanzeigen stolperten.

Die Münchener Klinikum rechts der Isar, kurz MRI, suchte eine TA für seine neurologische Abteilung. Das eigentlich Verblüffende war nicht etwa die Anzeige, sondern deren vierte Zeile, in der der folgende kryptische Satz stand:

„Jährlich profitieren enten von der ambulanten Betreuung".

Uuups, ein Flüchtigkeitsfehler? Eine verdruckte Zeile? Mitnichten. Im Stellenmarkt von Laborjournal online fand ich dieselbe Anzeige mit exakt gleichlautender, den enten ambulante Betreuung am MRI verheißendem Wortlaut.

Deaktivieren wir für einen Moment unser geistiges Autokorrekturprogramm und erfreuen uns dieses wunderschönen Bildes. Was für eine sympathische Geste des Münchener Klinikums, sich in Zeiten wie diesen, wo die meisten Kliniken nicht nur um das Leben der Patienten, sondern auch um ihr eigenes ringen, sich zusätzlich die Last um das Wohlergehen von enten aufzubürden. Noch dazu in so patientennaher Lage.

Gewiss leben rechts der Isar nicht wenige enten, und vielleicht macht das Klinikum für die Federtiere, die auf der anderen Flussseite beheimatet sind, eine Ausnahme. Ich stelle mir vor, wie eine nicht abreißende Kette versehrter enten von rechts der Isar durch die Eingangstür watschelt, enten von links der Isar dürfen den Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach nutzen.

In seinem Inneren hält das Klinikum spezielle Räume für die gefiederten Patienten bereit, ausgestattet mit großen, isarwassergefüllten Becken. Tagtäglich kümmern sich Gründel-, Schwimm-, und Quaktherapeuten um die durch Spaziergänger, Hund oder Hecht traumatisierten Vögel. In den Quarantänebecken leisten Quietscheentchen den einsamen Quarantäneenten Gesellschaft, und ein Trupp engagierter Klinikmitarbeiter ist täglich im Gründel-Einsatz, um die optimale Nahrungsversorgung der Patienten zu sichern.

Bestimmt erhält das Klinikum auf diese Stellenanzeige die doppelte  Menge der sonst üblichen Anzahl an Bewerbungen. Wer möchte nicht gerne in einer derart entenfreundlichen Klinik arbeiten? Nur für Menschen, die an Anatidaephobie, der Angst von einer ente-, Pardon! - Ente beobachtet zu werden, leiden, dürfte dieser Job weniger geeignet sein.

Maike Ruprecht



Letzte Änderungen: 20.09.2013