Editorial

MDC: Finanzspritze von der Ministerin?

Die finanzielle Lage am Berliner Max-Delbrück-Centrum (MDC) für Molekulare Medizin ist desolat. Es kursieren Gerüchte über einen ministeriellen Notfallkredit über 12 Millionen Euro.
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Läuft die Finanzsituation am MDC der Wissenschaftsministerin aus dem Ruder?

(24. September 2013) Die Deckungslücke im Max-Delbrück-Centrum (MDC) für Molekulare Medizin beschäftigt die Bundesregierung. Nach einem Defizit von 12,73 Millionen Euro im vergangenen Jahr benötigt die Forschungseinrichtung offenbar eine kräftige Finanzspritze zur Aufrechterhaltung der Liquidität. Gleichzeitig musste die Bundesregierung einen umfangreichen Fragenkatalog beantworten, den SPD-Abgeordnete – darunter auch Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann – im Rahmen einer Kleinen Anfrage eingereicht haben.

Unter Mitarbeitern des MDC kursieren nach einer Personalversammlung Gerüchte, nach denen das MDC aus dem Wanka-Ministerium eine Soforthilfe in Höhe von 12 Millionen Euro erhält, die bis 2018 zurückgezahlt werden muss. Das wollte MDC-Sprecher Josef Zens (noch) nicht bestätigten: „Wir verhandeln aber über eine finanzielle Hilfe", räumt der frühere Journalist ein. Der Sprecher legt Wert auf die Feststellung, dass kein Geld verbrannt, sondern in Forschungsprojekte geflossen sei. Nur sei das MDC viel schneller gewachsen als die Einnahmen.

Deckungslücke von 37 Millionen Euro?

Dass dem MDC ohne die finanzielle Rosskur in den kommenden Jahren eine kumulierte Deckungslücke von hochgerechnet 37 Millionen Euro entstehen würde, wollte der Sprecher ebenfalls nicht bestätigen. Nach Angaben von Mitarbeitern wurde diese Zahl auf einer Personalversammlung genannt, auf denen auch der Sparkurs erläutert wurde. Nach einem Konsolidierungsprogramm müssen die etwa 60 Forschergruppen jetzt Kürzungen ihrer Etats von bis zu 20 Prozent hinnehmen.

Auch werden vor allem junge Forschergruppen nach dem Ende des Projekts nicht immer durch neue ersetzt. Allerdings gehe das MDC bei den Kürzungen „nicht nach der Rasenmähermethode vor", versichert Zens.

Einschnitte in die Forschung?

So mancher MDC-Wissenschaftler befürchtet jetzt Einschnitte in die Forschung. „Wir müssen jetzt mehr Drittmittel einwerben", erklärt einer von jenen, die lieber anonym bleiben wollen, gegenüber Laborjournal und hofft, dass sich das MDC mittelfristig von der „Forschungsdelle" erholen wird. Auch das MDC geht nach den Worten seines Sprechers davon aus, dass die Forschungseinrichtung nach 2016 (Ende der dreijährigen „Konsolidierungsphase") wieder wachsen wird.

Die Haushaltslücke des MDC hat auch den Deutschen Bundestag erreicht. In einer Kleinen Anfrage mit 25 Fragen verlangen SPD-Abgeordnete detaillierte Auskünfte zu den Ursachen und den Verantwortlichen für die Finanzkrise. Nach eigenen Angaben ist die Bundesregierung am 12. Februar dieses Jahres zum ersten Mal mündlich, am 27. Februar schriftlich über die finanzielle Schieflage informiert worden. Der Jahresabschluss 2011 habe keine Hinweise auf eine mögliche Deckungslücke enthalten.

„Mangelhafte Organisation, personelle Ausstattung und Überwachung"

Die Gründe für das Haushaltsloch seien „vielschichtig". Dazu „maßgeblich beitragen" hat nach Ansicht der Regierung die „mangelhafte Organisation, personelle Ausstattung und Überwachung der Arbeit der Abteilung Finanzen/Controlling durch das zuständige Vorstandsmitglied". Die Regierung geht davon aus, dass Cornelia Lanz im August, der wissenschaftliche Vorstand Walter Rosendahl im Dezember letzten Jahres über die drohende Deckungslücke informiert gewesen seien. Während Lanz abberufen wurde, sprach das Kuratorium Rosenthal das Vertrauen aus.

Für die vier Ministerialbeamten, die im Kuratorium sitzen und das MDC kontrollieren, hat die plötzliche Deckungslücke aktuell keine Konsequenzen. Man sehe keinen Anlass für personelle Maßnahmen, erklärte die Bundesregierung auf die Frage der SPD-Abgeordneten, wie sie die Arbeit ihrer Ministerialbeamten beurteile. Im Kuratorium vertreten sind Finanz- und Gesundheitsministerium (jeweils ein hoher Beamter) sowie das Wanka-Ministerium mit zwei Ministerialbeamten. Vorsitzende im Kuratorium ist Ministerialdirigentin Bärbel Brumme-Bothe (BMBF). Diese hat auch die Stelle für den Administrativen Vorstand neu ausschreiben lassen.

Schleppende Zahlungsmoral

Das zur Helmholtz-Gemeinschaft gehörende Institut, angesiedelt auf dem Forschungscampus im Berliner Ortsteil Buch, leidet schon länger unter der Finanzmisere. Bereits Ende letzten Jahres sollen Lieferanten und Vertragspartner über die schleppende Zahlungsmoral geklagt haben. Der Öffentlichkeit bekannt wurde das finanzielle Desaster erst im August, als Cornelia Lanz als administrativer Vorstand für die Öffentlichkeit überraschend abberufen wurde.

Mit einer Frage – nämlich welche Auswirkungen die Misere auf das geplante Bundesinstitut für Gesundheitsforschung (BIG) haben könnte – trifft die SPD das Wanka-Ministerium an einer empfindlichen Stelle. Bund und Land Berlin wollen unter dem Dach der BIG die medizinische Forschung der Berliner Charité mit der Grundlagenforschung des MDC zusammenführen. Dafür stehen bis 2018 rund 300 Millionen Euro, davon 90 Prozent vom Bund, zur Verfügung.

Auswirkungen auf das Bundesinstitut für Gesundheitsforschung (BIG)

Bis zur Gründung des BIG in zwei Jahren soll das MDC die Verwaltung der Finanzmittel übernehmen. Das bestätigt die Bundesregierung, geht auf die Frage der SPD nicht weiter ein und erklärt, die Verwaltung der Mittel erfolge über die „Stabsstelle Programmmittelmanagement" und Mitarbeiter, die „ausschließlich für das BIG zuständig sind und aus BIG-Mitteln finanziert werden". Das MDC stelle dafür einen „eigenen Teilwirtschaftsplan" auf.

Hermann Müller



Letzte Änderungen: 08.04.2014