Editorial

Buchbesprechung

Daniel Weber




Michael Crichton & Richard Preston: Micro

Gebundene Ausgabe: 544 Seiten
Verlag: Karl Blessing Verlag (26. März 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3896674293
ISBN-13: 978-3896674296
Preis: 22,95 EUR



Die unglaubliche Geschichte des Mr. C.

Im Jahr 2002 hielt Michael Crichton an der Harvard Medical School eine Vorlesung zum Thema „Medien und Medizin“. Foto: Jon Chase/Harvard University

Vier Jahre nach dem eigenen Tod ein spannendes Buch zu veröffentlichen – so etwas schafft nur der amerikanische Bestseller-Autor Michael Crichton.

Mit Micro steht die unglaubliche Geschichte des Mr. C. seit geraumer Zeit in den Buchhandlungen. Bei Mr. C. handelt es sich um Michael Crichton und unglaublich ist die Geschichte einerseits, weil Michael Crichton im Jahr 2008 verstorben ist, aber andererseits auch, weil sein Werk ein wirklich guter Wissenschaftsthriller ist.

Bereits kurz nach Crichtons Tod erschien mit Gold – Pirate Latitudes ein Buch, an dem er bis zuletzt geschrieben haben soll. Mit Micro ist nun aber ein Roman erst vier Jahre nach seinem Tod erschienen. Anders als in seinem berühmtesten Werk DinoPark/Jurassic Park (erstmals erschienen 1990) ist Michael Crichton aber nicht gentechnisch wiedererweckt worden, um weitere Romane zu schreiben, sondern ein anderer Autor hat dies übernommen: der ebenfalls nicht unbegabte Sachbuchautor Richard Preston. Mit Hot Zone hat der immerhin 1995 den Klassiker der Medizinthriller geschrieben.

Posthumes Ghostwriting

Derlei Ghostwriting ist die Leserschaft mittlerweile gewohnt, nicht nur wenn Skandal-Kicker wie Stefan Effenberg zu Lebzeiten ihre Memoiren veröffentlichen lassen. Eines der bekanntesten Beispiele dafür, dass es nicht so einfach funktioniert, wie es sich die Erben vorgestellt haben, ist der Ire Eoin Colfer. Von Douglas Adams’ Witwe autorisiert, verfasste er 2009 einen lahmen sechsten Band zu Adams‘ vierteiliger Trilogie in fünf Bänden Per Anhalter durch die Galaxis.

Wie viel nun in Micro wirklich von Crichton stammt und was sein posthumer Ghostwriter Preston hinzugedichtet hat erfährt der Leser nicht. Ist wohl auch besser so.

Die Handlung kann Crichton-typisch in einem Satz zusammengefasst werden: Sechs Studenten werden auf 1,2 cm Körpergröße geschrumpft und kämpfen im Dschungel von Hawaii um ihr Überleben. Klingt simpel? Ist es auch. Aber die Story von DinoPark war ähnlich simpel und seinerzeit trotzdem ein Meilenstein des Genres der Wissenschaftsthriller; gar nicht zu sprechen vom Welterfolg des späteren Hollywood-Blockbus­ters aus dem Hause Spielberg.

Neu allerdings ist Crichtons/Prestons Geschichte nicht: 1956 erschien Die seltsame Geschichte des Mr. C. (Originaltitel: The Incredible Shrinking Man) von Richard Matheson, verfilmt ein Jahr später von Jack Arnold. Das Autorenduo versteht es aber durchaus, eine spannende Geschichte zu erzählen, in der immer wieder wissenschaftliche Fakten eingestreut und elegant weitergesponnen werden. Für Leser, die sich beruflich nicht zufällig mit der Verkleinerung lebender Organismen beschäftigen, entwickelt und erschließt sich die Geschichte daher doch recht logisch.

Anstrengend an dem 543 Seiten dicken Buch ist lediglich, dass die Handlung doch sehr auf eine Verfilmung abzielt, inklusive wilder Verfolgungsjagden durch die Flora Hawaiis sowie regelmäßig auftauchender Insekten und anderer Dschungelbewohner, die für die Protagonisten natürlich riesig sind. Der Sommerblockbuster 2014 in 3D lässt grüßen. Passend zu Hollywood gibt es natürlich auch eine Liebesgeschichte, die aber zum Glück nur am Rande. Untypisch für das sonntägliche Familienkino ist allerdings, dass vermeintliche Hauptakteure überraschend- nein, das verraten wir hier jetzt nicht. Lesen Sie doch selbst!

Wilde Verfolgungsjagden im Busch

Insgesamt ist Micro ein Buch, das trotz Prestons Co-Autorenschaft als typischer Crichton-Roman gelten kann. Er bietet entspanntes und kurzweiliges Lesevergnügen und kann somit empfohlen werden. Der Rezensent hofft, dass in Crichtons Hinterlassenschaft noch ein paar mehr oder weniger ausgearbeitete Romane oder Ideen zu finden sind, die dann ebenso gut umgesetzt werden. Die Erben wird es freuen und die Leser auch.




Letzte Änderungen: 07.12.2012