Editorial

Zurück zu Mama und Papa

Fast Isogenic Mapping

Daniela Knoll


Ein Bioinformatik-Paper, ausdrücklich für Biologen geschrieben. Klingt interessant.

Franziska Turck gibt nicht nur als Geigenspielerin in der hauseigenen Musikband des Max-Planck-Institutes für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIPZ) in Köln-Vogelsang den Ton vor. Seit 2006 leitet sie am MPIPZ auch die Arbeitsgruppe „Transcription Control in Flowering Time“ die sich unter anderem mit der Blühinduktion in der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana beschäftigt.

Am MPIPZ scheinen jedoch nicht nur die Modellpflanzen hervorragend zu gedeihen, im international geprägten Umfeld des MPIPZ sprießen auch wissenschaftliche Ideen besonders gut. Turcks Gruppe entwickelte eine neue Methode, mit der man regulatorische Gene schneller und effektiver als bisher finden kann (Hartwig et al., Plant Physiology 2012, 160:591-600).

GloFish
Beschleunigten und vereinfachten das EMS-Screening von Arabidopsis Mutanten: Franziska Turck (vierte v.l.) und ihre Mitarbeiter.

Viele Kollateralschäden

Bei der bisher gängigen Methode zur Identifizierung regulativer Gene erzeugt man mit Ethylmethansulfonat (EMS) Mutationen und sucht in der Nachkommenschaft der F1- oder F2-Generation nach veränderten Phänotypen. Die EMS-Mutagenisierung hat jedoch den Nachteil, dass man mit vielen willkürlichen Mutationen rechnen muss, von denen die meisten gar nicht im Zusammenhang mit dem neuen Phänotyp stehen. Erst durch Rückkreuzung zu einem anderen Arabidopsis-Ökotypen, und der anschließenden Kartierung der Nachkommen, die den Phänotyp zeigen, kann man die dazugehörigen Gendefekte identifizieren. Doch bei der Suche nach der „kausalen Mutation im Gen“, so betont Turck, „gab es in der Vergangenheit immer wieder das Problem, dass es ziemlich viel Variation gibt, wenn man zwei dieser Ökotypen kreuzt, und man die Mutanten nicht mehr klar erkennen kann.“

Fast Isogenic Mapping-by-Sequencing, lautet das Zauberwort, das die aufwendige Suche nach regulatorischen Genen und ihren kausalen Genmutationen um Wochen oder gar Monate abkürzt. Dieses neue Verfahren ist im Grunde eine beschleunigte Variante der Mapping-by-Sequencing-Methoden, SHORE und SHOREmap (Short Read Analysis Pipeline) die Korbinian Schneebergers Gruppe, damals noch am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, speziell für die Analyse von kurzen Sequenzier-Reads (~40 bp) von Arabidopsis thaliana entwickelte. Mit den beiden Programmen gelang es als Teil des „1001 Genomprojektes“ (1001genomes.org) die genetische Variabilität von 1001 Arabidopsis-Ökotypen aufzuklären (Ossowski et al., Genome Res. 2008, 18(12):2024-33 und Schneeberger et al., Nature Methods 2009,6:550-551).

Rückkreuzen und sequenzieren

Um mit SHOREmap kausale Mutationen in einem Gen zu identifizieren, werden die Nachkommen der Rückkreuzungen, beispielsweise aus der F2-Generation mit Next Generation Sequencing-Verfahren sequenziert. SHOREmap filtert nach individuell festgelegten Kriterien Short-Reads heraus und gleicht diese mit dem vollständigen Arabidopsis thaliana Referenzgenom ab.

Fast Isogenic SHOREmap unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von SHOREmap: Statt auf einen anderen Ökotypen kreuzt man auf die eigenen Eltern zurück oder wie es Turck formuliert: „isogen“. Und das funktioniere, so Turck, „außerordentlich gut, denn man erkenne die Mutanten viel besser.“

Außerdem werden in einem zweiten sogenannten dCARE-Schritt (deep candidate re-sequencing) Amplikons von allen Kandidatenmutationen aus einem DNA-Pool hochgezogen (der DNA von allen identifizierten Mutanten enthält) und mit großer Redundanz sequenziert. Die Gruppe setzte dafür die Ion Personal Genome Machine ein, die praktisch über Nacht Sequenzen im Hochdurchsatz liefert. Die Mutation mit der höchsten Sequenz war schließlich der Top-Kandidat für die kausale Mutation.

Überzeugungsarbeit

„Unser Paper ist explizit nicht für Bioinformatiker geschrieben, sondern für ­Biologen“, betont Turck und erklärt weiter, „es soll alle, die ein EMS-Screening planen, davon überzeugen, dass sie besser nicht mehr mit einem anderen Ökotyp rückkreuzen, sondern einfach zu den Eltern.“ Zugleich erwähnt sie, dass inzwischen einige am Institut auf sie oder Korbinian Schneeberger zukommen würden, wenn ein EMS-Screening anstehe – ihre Methode sei „doch einfacher und schneller.“

Geschenk des Himmels

Auch gesteht sie, dass für das Paper und die Methodenentwicklung das Glück eine große Rolle spielte. Insbesondere der Umzug von Korbinian Schneeberger an das MPIPZ war, so Turck, „ein Geschenk des Himmels“ und führt weiter aus: „Korbinians Arbeitsgruppe hatte am Anfang noch nicht so viel zu tun. Wir hatten das Material, und dann ging alles ganz schnell. Für Korbinians Gruppe war es kein Problem, SHOREmap für unser isogenes Mappen umzuschreiben. Ein paar Skripte hier und dort – wie die alle funktionieren weiß ich aber auch nicht so genau.“ Muss sie auch nicht, denn das Paper beziehungsweise die Fast Isogenic Mapping-Methode ist ja in erster Linie für Biologen gedacht.

Fragen Sie Korbinian

Das isogene Rückkreuzen reduzierte hier die Anzahl der EMS-induzierten Mutations-Kandidaten auf drei. Zwei davon lagen in Exons (At3g57940 und At3g63270), der dritte in einem Intron (At3g61130). Die Mutation in At3g63270 war schließlich der Gewinner bei der dCARE Analyse und wurde auch durch andere Methoden als kausale Mutation bestätigt.

„Und wer wissen will, wie die dahinter steckende Bioinformatik funktioniert“, so Turck, „wendet sich am Besten an Korbinian, der auch korrespondierender Autor auf dem Paper ist.“









Letzte Änderungen: 12.02.2013