Editorial

TALEN-Klonierung mit easyT

Vereinfachte Scherenmontage

Thorsten Lieke


Eine Schweizer Erfindung beschleunigt die Konstruktion von TALEN-Expressionvektoren für die Mikroinjektion von Taufliegen.

Die Entdeckung von "Transcription Activator-Like Effectors" (TALE) vor einigen Jahren brachte Bewegung in die Molekularbiologie. Ursprünglich fanden Pflanzenforscher TALE-Proteine in dem pflanzenpathogenen Bakterium Xanthomonas, das TALE-Proteine in die Pflanzenzelle einschleust, um deren Biosynthese umzukrempeln. Mit Hilfe einer Erkennungssequenz finden sie hierbei den Weg in den Zellkern.

Viel interessanter ist jedoch eine ­Region der TALE-Proteine die spezifisch an die DNA in der Zielzelle bindet. Bei natürlich vorkommenden TALE-Proteinen besteht diese aus 15,5 bis 19,5 hintereinander gereihten DNA-Bindemodulen (Wiederholungs- oder TALE-Repeat-Länge) mit jeweils 34 Aminosäuren. Jedes einzelne Bindemodul erkennt ein spezifisches Nukleotid der Ziel-DNA. Die Aminosäuresequenzen der Module sind nahezu identisch, bei Xanthomonas variieren sie lediglich in zwei Aminosäuren an den Positionen 12 und 13.

2009 gelang es Ulla Bonas Team in Halle, den Aminosäurecode zu knacken, der für die Erkennung der einzelnen Nukleotide verantwortlich ist (Bloch et al., 2009, Science Vol. 326, siehe auch LJ 11-2012).

Universelle Genschere

Bonas Arbeit ebnete den Weg für TALE-Proteine, die beliebige DNA-Sequenzen binden. Durch die Kombination mit einer Nuklease (Fok I) entstanden aus diesen schließlich TALE-Nukleasen (TALEN), die an einer gewünschten DNA-Position andocken und die DNA an dieser Stelle gezielt zerschneiden. Da Fok I-Nukleasen nur als Dimere aktiv sind, konstruiert man TALENs so, dass sie sich paarweise mit einer Kopf-an-Kopf Orientierung an die DNA anlagern (R/L-TALEN-Paare).

Der hieraus resultierende Doppelstrangbruch löst in der Zelle einen von zwei möglichen Reparatur-Mechanismen aus: die "DNA-Fäden" werden entweder wieder verknüpft, wobei es praktisch immer zu einer Verschiebung des Leserasters und damit zu einem Knock-out des entsprechenden Gens kommt. Variante zwei ist eine homologe Rekombination. Setzt man bei dieser DNA mit den passenden Sequenzen zu, kann man Gene in die Keimbahn einschleusen.

Wie gierige Habichte stürzten sich die Molekularbiologen auf jeden Organismus, der nicht bei Drei auf den Bäumen war und versuchten diesen mit Hilfe von TALE-Nukleasen genetisch zu verändern. In der Regel schleusten sie hierzu die mRNA der gewünschten TALE-Sequenz in die Zielzelle ein, die dann die Keimbahn verändernden Proteine selbst synthetisiert. In Nematoden, Zebrafischen, Xenopus und einigen Säugetieren, wie zum Beispiel der Maus, funktioniert dies prima. Doch ausgerechnet im Paradeorganismus der Genforschung, der Taufliege Drosophila melanogaster, macht das Verfahren Zicken. Renato Paros Gruppe von der ETH Zürich ließ sich davon nicht beirren und entwickelte ein Protokoll, mit dem man die gewünschte TALE-Sequenz schnell und effizient klonieren und in einem Expressions-Vektor in die Drosophila-Zellen einschleusen kann (Katsuyama et al., 2013, Nucleic Acids Research).

Was zunächst recht einfach klingt, ist ziemlich tricky, denn es ist alles andere als trivial, die passende TALE-Sequenz herzustellen. Sind die Wiederholungslängen der DNA-bindenden Region zu lang oder zu kurz, resultieren, ähnlich wie bei PCR-Primern, unspezifische, zu starke oder zu schwache Bindungen. Um dies zu vermeiden, konstruierten die Schweizer zunächst 500 TALE-Sonden unterschiedlicher Länge sowie Aminosäure-Kombination und untersuchten deren Bindung an die Ziel-DNA. Dabei stellten sie fest, dass die Wiederholungsmodule der TALEN-Paare mehr als 12 Basenpaare der DNA überspannen müssen, um die Zielsequenz spezifisch binden zu können. Die Gruppe führte die weiteren Versuche deshalb nur mit TALEN-Paaren durch, die mehr als 15 Basenpaare erkennen können und wählte schließlich eine Wiederholungslänge von 18.5.

easyT
Renato Paros Gruppe setzte ihr neues TALEN-Klonierungsverfahren, easyT, für die Herstellung von Drosophila-Mutanten mit weißen Augen ein. Die Erfolgsquote des dafür nötigen White-Gen Knock-out's lag bei knapp 8 %.

Zeitaufwändige Protokolle

Die üblichen Verfahren für die Herstellung von TALEN sind sehr zeitaufwändig und erfordern spezielle Reagenzien, Plasmid-Bibliotheken und exzessives Klonieren. Mit der neuen TALEN-Klonierungsmethode von Paros Gruppe, das diese als easyT-Protokoll bezeichnet, ist das Ganze an einem Tag zu schaffen.

Los geht das Protokoll mit der Einteilung der Basensequenzen, die für die 18,5 Wiederholungsmodule kodieren, in 20 Untereinheiten oder Units, wobei Unit- und Modul-Grenzen versetzt zueinander angeordnet sind. Auf diese Weise ist es möglich, Restriktionsschnittstellen, etwa für Bae I, einzufügen, ohne das Leseraster für die Aminosäuresequenz zu zerstören. Die Sequenzen von vier Units verknüpft man anschließend in einem Verdau- und Ligations-Ansatz mit dem Restriktionsenzym Bae I und der T4-Ligase (Digation).

Die entstandenen Vierer-Einheiten amplifiziert man nachfolgend mit einer PCR. Auf diese folgt schließlich ein zweiter Digations-Schritt, mit dem man die fünf verknüpften Abschnitte der Units 1-4, 5-8, 9-12 usw. zu einer zusammenhängenden Sequenz verbindet, die dann in einen Vektor integriert werden kann. Da teilweise unterschiedliche Nukleotid-Tripletts für ein und dieselbe Aminosäure kodieren, kann man mit dieser Methode die DNA-Sequenz in jeder Unit durch Basentausch variieren, ohne die Basenfolge verändern zu müssen.

Unterschiedliche Erfolgsquoten

Wie sich die Methode unter In vivo-Bedingungen schlägt, überprüfte die Gruppe mit nach der easyT-Methode konstruierten TALEN-Plasmiden, die sie in Drosophila-Embryonen injizierte. Hierbei testeten die Schweizer zwei Varianten. Bei der ersten sollte das eingeschleuste Plasmid zum Doppelstrangbruch und Gen-Knock-out führen. Im zweiten Fall injizierte die Gruppe neben dem TALEN-Plasmid einen Vektor, der für das Grünfluoreszierende Protein (GFP) kodiert. Durch homologe Rekombination sollte sich dieser stabil in die Keimbahn integrieren.

Sowohl die Knock-out-, als auch die von der Gruppe durchgeführten Rekombinations-Versuche funktionierten tadellos. Die Erfolgsquote bei den Knock-out-Experimenten hing jedoch von den TALEN-Zielgenen ab, für die die Schweizer die Drosophila-Gene y (yellow) und w (white) aussuchten. Der Knock-out von y führt zu einer gelblichen Körperfarbe, w-Knock-out-Fliegen haben eine verminderte, beziehungweise völlig fehlende Augenpigmentierung. Bei 24 % der Fliegen funktionierte der y-Gen-Knock-out mit dem TALEN-Plasmid, beim white-Gen lag die Knock-Out-Erfolgsquote dagegen nur bei 8 %.

Dennoch bleibt das Fazit, dass die Methode auch in vivo funktioniert, die mühsamen sowie zeitaufwändigen Prozeduren der bisherigen Protokolle erspart und innerhalb eines Tages die gewünschte TALEN liefert.




Letzte Änderungen: 06.11.2013