Editorial

Colitis, Hepatitis & Co.

Zitationsvergleich 2004 bis 2007: Gastroenterologie und Hepatologie
von Lara Winckler, Laborjournal 9/2010


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In diesem Vergleich dominieren artikelschwere Klinikdirektoren, geforscht wird vor allem über entzündliche Darmerkrankungen und Hepatitis C-Viren.

In der Gastroenterologie und der Hepatologie als einem ihrer Teilgebiete beschäftigt man sich mit Dingen, bei denen jeder froh ist, sie nicht selbst zu haben: Hauptforschungsthemen der Jahre 2004 bis 2007 waren unter den deutschsprachigen „Gastros“ und „Hepatos“ Gastritiden, Magengeschwüre und Magenkarzinome; chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn; Virushepatitiden, Leberversagen und Leberkrebs; nicht zu vergessen die Erkrankungen der Galle.


Bunte Mischung

Die Gastroenterologen und Hepatologen sind jedoch nicht ganz so leicht auszumachen, wie es nun den Anschein haben mag. Klar – viele arbeiten an Instituten oder Kliniken für Gastroenterologie und Hepatologie und erforschen Krankheiten an Magen, Darm und Leber. Doch gut die Hälfte der Top 50-Gastroenterologen und Hepatologen der Jahre 2004 bis 2007 gehen die Gastroenterologie und Hepatologie aus anderen Richtungen an: So gibt es unter den Darmforschern eine deutliche Präsenz von Immunologen und Molekularbiologen, die etwa Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erforschen. Stefan Schreiber (1.), Uniklinik Kiel, und seine Kollegen Ulrich Fölsch (21.) und Philip Rosenstiel (30.) gehören dazu, oder Markus Neurath (3.), Direktor der Medizinischen Klinik I am Mainzer Uniklinikum und seine Mitarbeiter Peter Galle (5.), Christian Ell (18.) sowie Andrea May (20.).

Bei der Leberforschung sind Erkrankungen durch Hepatitis B- und C-Viren (HBV und HCV) Hauptthema, was auch die Community durch entsprechende Zitierungszahlen dokumentiert – fünf der zehn bis heute meistzitierten Artikel handeln von diesen Viren: So konnten Stefan Zeuzem (2.) und Giuliano Ramadori (16.) die Community mit einer Studie über den Polymerase-Hemmer Ribavirin zur Behandlung von chronischer Hepatitis C überzeugen und sammelten damit über 1.000 Zitierungen – klarer Platz 1. Mit Abstand folgt ein Artikel des Teams um Ralf Bartenschlager (4.) aus dem Jahr 2005, in welchem die Forscher die Vermehrung von Hepatitis C-Viren in einem neuen Zellsystem beschreiben.

Dann sind da die Genetiker, die auf der Suche nach genetischen Prädispositionen für Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts und der Leber sind, wie Guido Gerken (17.), Direktor der Gastroenterologie und Hepatologie am Uniklinikum Essen. Und last but not least die Pathologen, Experten im Aufspüren von krankhaften Veränderungen an Geweben und Flüssigkeiten. Unter ihnen Helicobacter-Spezialist Manfred Stolte (7.), ehemaliger Direktor der Bayreuther Pathologie, sein Nachfolger Michael Vieth (10.), der Kieler Magen- und Darmkrebs-Forscher Christoph Röcken (34.) sowie der Basler Molekularpathologe Luigi Terracciano (48.).


So viel zu tun, so wenig Zeit

Ein langer Blick auf die Liste offen­bart Überraschendes: Andrea May ist nicht nur die einzige Frau in diesem Vergleich – die Gastroenterologie und Hepatologie scheint kein „Frauenthema“, zu sein – sondern auch eine der wenigen Nicht-Direktoren in der Liste. Klinik- oder Institutsdirektoren machen den Löwenanteil der Top 50 der Jahre 2004 bis 2007 aus.

Die Top 10, die komplett in der Hand der Chefetagen sind, zeichnen sich zudem durch einen hohen Hirsch-Index (h-Index) aus, der von Jorge Hirsch 2005 entwickelt wurde, um die Bewertung wissenschaftlicher Leistungen objektiv zu machen und „Eintagsfliegen“, die mit nur einem vielzitierten Artikel glänzen, auszusortieren: Alle zehn Top 10-Forscher haben einen h-Index von über 26, das heißt sie haben mindestens 26 Forschungsarbeiten, die mindestens 26-mal zitiert wurden. Damit einher geht eine hohe Zahl von Artikeln, die die Top 50 zwischen 2004 bis 2007 veröffentlicht haben – so manchem Forscher blieben nur wenige Tage zwischen zwei Artikeln. Jürgen Schölmerich (9.) und Michael Manns (6.) belegen nach dieser Rechnung Spitzenplätze: Im Schnitt veröffentlichten sie alle acht Tage einen Artikel, gefolgt von Stefan Schreiber (11 Tage) und Dieter Häussinger (12 Tage). Geht man nach der Anzahl der Zitierungen pro Artikel, so ist Thomas Pietschmann (14.) mit 93 für jeden Artikel die Nummer 1.

Beim Städteranking sind Mainz und Berlin mit jeweils fünf Forschern aus jeweils zwei Arbeitsgruppen gut im Rennen, gefolgt von Kiel und Hannover, wobei die Hannoveraner sämtlich aus dem Team um Michael Manns stammen. Aus der Schweiz und Österreich haben es jeweils drei Forscher unter die Top 50 geschafft.

Insgesamt scheint das deutschsprachige Pflaster für die Magen-Darm- und Leberforschung ein fruchtbares zu sein. Nur einen Forscher haben wir an das Ausland verloren: Hans Herfarth (44.) verließ 2005 seine bayerische Heimat in Richtung USA.


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Letzte Änderungen: 16.09.2010