Editorial

Tipp 108:
Ferngesteuerter PC


Auf einer Südseeinsel am Strand liegen und mit dem Labtop in der Hand den Rechner im Labor bedienen. Davon träumen sicher viele, die im muffigen Computerraum ihres Institutes vor dem Bildschirm sitzen. Dabei ist es gar nicht so schwierig, von den Malediven aus auf den Labor-PC zuzugreifen. Wie es geht verrät Matthias Faix von der Universität Bonn.

Faix ist Datenbank- und Netzwerkadministrator an der Informationszentrale gegen Vergiftungen der Universität Bonn. Dort verwaltet er nicht nur tausende von Sichersheitsdatenblättern auf die die Ärzte des Zentrums, etwa beim Verdacht auf eine Vergiftung, zugreifen können. Als Computer und Netzwerkspezialist ist er ständig in seinem Institut auf Achse um Computer -Probleme zu lösen oder neue Programme zu schreiben und einzurichten, die den Medizinern und Wissenschaftlern die Arbeit erleichtern sollen.

"Viele Labor-Rechner und auch medizinische Erfassungssysteme basieren auf einer Windowsversion. Mit allen Schwächen und auch Vorzügen dieses Systems. Meistens handelt es sich dabei um Einzelnutzer-Systeme wie Windows 2000 oder Windows XP. Vereinzelt sind auch noch Windows 98 oder gar Windows NT im Einsatz. Diese Rechner benötigen hin und wieder den Einsatz einer pflegenden Hand.

Am Tage ist dies nicht weiter tragisch, da meistens genügend ausgebildete Computer-Spezialisten zur Verfügung stehen. Oft stürzen Computer aber ausgerechnet in den Abend- und Nachtstunden ab oder Technische Assistenten oder Pfleger brauchen zu unmöglichen Zeiten Unterstützung am PC. Häufig muss man dann mitten in der Nacht los um am Ende festzustellen, dass ein paar wenige Tastendrücke genügt hätten um das Problem zu beheben. Wir haben deshalb nach einer "Tastaturverlängerung" gesucht, die unnötige Laufereien und nächtliches Anreisen unnötig macht.

Im Grunde brauchen Sie für die Fernsteuerung Ihres Labor-Computers nur ein entsprechendes Programm, das Sie in Ihre Rechnerumgebung einbinden müssen. Die gängigsten sind VNC/ULTRA VNC, RDP und Netviewer. Die beiden ersten sind gratis. Das Programm Netviewer ist kostenpflichtig dafür aber universeller und bei uns am häufigsten in Gebrauch. Ich will deshalb den Einsatz dieses Programms in der Labor- oder Klinikpraxis kurz beschreiben.



Die Vorraussetzung für die "Fernsteuerung" ist, dass das zu überwachende Gerät an das Internet angebunden ist (im Extremfall würde eine Dial-Up Leitung genügen). Dabei ist die "Verlängerung" der Tastatur nicht einmal das größte Problem, sondern:
  1. Das Durchdringen von Firewalls, ohne dabei Sicherheitsaspekte zu verletzen.
  2. Das Finden des Rechners im Netz.
Diese beiden Knackpunkte hängen miteinander zusammen. Nach außen ist der Arbeitsplatzrechner weder mit Namen noch mit der IP-Adresse identifiziert. Sollte das Laborgerät am DSL-Netz hängen, so könnten Sie es zwar über den Internetdienst DynDNS (dynamischer Domain-Name-System) identifizieren. Dann können Sie mit den Programmen RDP oder VNC, beides kostenlose Tools, auf den Rechner zugreifen. Das ist jedoch alles andere als eine optimale Methode und sollte die absolute Ausnahme bleiben.

Das Programm Netviewer (www.netviewer.de) ist wesentlich ausgereifter und leistet mehr. Sie können damit praktisch von jedem Punkt auf der Welt aus (vorrausgesetzt dort steht ein Rechner mit Internet-Anschluss) auf Ihren Arbeitsplatzrechner zugreifen. Und zwar SSL-verschlüsselt und mit doppelter Zugriffsicherung.



Mit dem Netviewer können Sie zum Beispiel ein Elektroenzephalographie (EEG)-Gerät, das auf einer Klinikstation steht, von Ihrem heimischen PC aus überwachen. Eine EEG-Station besteht meist aus einer Aufnahme- und einer Wiedergabeeinheit. Letztere stellt die Signale dar, reinigt sie von Artefakten und liefert die Daten für eine diagnostische Beurteilung der Aufnahmen. Die Analyseeinheiten sind mit so genannten Dongles an das Gerät gekoppelt. Wenn man EEG-Daten von seinem heimischen Rechner aus begutachten will, sind zwei wichtige Grundsätze zu beachten:
  1. Der Datenschutz muss gewährleistet sein.
  2. Bilder müssen schnell und sauber übertragen werden.
Beides funktioniert mit dem Netviewer. Im Prinzip müssen Sie nur den Hostfile auf dem Auswerterechner installieren und sich bei dem Anbieter von Netviewer anmelden. Danach können Sie ein so genanntes Client Backend-Programm auf Ihrem heimischen Rechner installieren und danach Ihren Rechner auf der Station unter Angabe eines Passwortes kontaktieren. Wichtig ist, dass der Zugriff nur über die spezifische Client-Datei erfolgt.



Die Leistung von Netviewer besteht im wesentlichen aus der Kopplung von Host- und Server-Rechner und der verschlüsselten Übertragung der Daten. Für diesen Dienst berechnet die Firma eine monatliche Pauschale von ca. 18 Euro. Dafür kommen Sie dann aber auch durch hartnäckigste Firewalls (bisher bin ich damit durch jede Firewall gedrungen) und können ihren Labor- oder Klinik-Rechner von einem beliebigen Ort aus steuern. Und das bei einem erstaunlich geringen Daten-Verkehr."


Weitergehende Informationen:

http://www.meb.uni-bonn.de/giftzentrale/
Matthias.Faix@ukb.uni-bonn.de
skype a1594656

Quellen:

VNC: www.vnc.org (speziell auch der Wikepedia Artikel dazu)
RDP: siehe Microsoft Literatur
Netviewer: www.netviewer.de
(Das Konkurrenz Produkt "GotoMyPC" von Citrix scheitert öfters bei hart eingestellten Firewalls)




Letzte Änderungen: 18.10.2006