Editorial

Tipp 249: Konkurrenz für Western Blot

(14.06.2023) Das Enzym Connectase schneidet Proteine reversibel an einer spezifischen Erkennungssequenz und verbindet sie dort wieder. Es ist damit wie geschaffen für die direkte Detektion von Proteinen in Polyacrylamid-Gelen.

Der Western Blot ist auch 45 Jahre nach seiner Einführung noch immer die Standardtechnik, um Proteine nach der Trennung mit der Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) zu identifizieren und zu quantifizieren. Die vielen Einzelschritte von der Elektrophorese über den Transfer der Proteine auf eine Blotmembran bis zum Nachweis mit Primär- und Sekundär-Antikörpern sind aber nicht nur zeit- und arbeitsintensiv – sie erhöhen auch die Variabilität des Protokolls zwischen verschiedenen Laboren, was sich in einer schlechten Vergleichbarkeit der Blots niederschlägt. Hieran ändern auch die kleinen Peptid-Anhängsel oder Tags nichts, die Biowissenschaftler mit entsprechenden Techniken an rekombinante oder endogene Proteine anhängen, um sie mit Tag-spezifischen Antikörpern besser detektieren zu können.

Viel einfacher wäre es, wenn man ganz auf den Transfer der Proteine auf die Blotmembran verzichten könnte und sie direkt im Elektrophorese-Gel nachweisen würde. Mit His-getaggten Proteinen ist dies tatsächlich möglich, man benötigt dazu jedoch spezielle auf Nitrilotriessigsäure basierende Chelatoren, die mit einem Fluorophor verknüpft sind.

Das Methan bildende Archaeon Methanosarcina mazei fühlt sich in Klärschlamm oder am Grund von Teichen wohl
Das Methan bildende Archaeon Methanosarcina mazei fühlt sich in Klärschlamm oder am Grund von Teichen wohl. Für Anwendungen im Labor ist insbesondere das aus dem Archaeon isolierte Enzym Connectase interessant. Foto: Andrea Ulbricht

Von Ligasen abgeleitete Nachweis-Systeme für Proteine sucht man bisher jedoch vergebens – die wenigen Ligase-Enzyme, die man kennt, etwa Sortasen oder Butelasen, sind dafür zu unspezifisch. Das könnte sich mit einer außergewöhnlichen Protein-Ligase ändern, die Adrian Fuchs und seine Kollegen am Max-Planck-Institut für Biologie in Tübingen in dem Methan bildenden Archaeon Methanosarcina mazei gefunden haben (PNAS 118 (11): e2017871118).

Fuchs ist Postdoc in Andrei Lupas Gruppe in Tübingen, zu seinen Mitstreitern des PNAS-Papers gehörten die beiden Gruppenleiter in Lupas Abteilung Marcus Hartmann und Jörg Martin sowie die Direktorin des Instituts für Allgemeine Mikrobiologie der Universität Kiel Ruth Schmitz-Streit, die schon seit über zwanzig Jahren an M. mazei forscht. Abgerundet wurde die illustre Gruppe von dem Biochemiker und Patentanwalt Moritz Ammelburg, der 2012 bei Lupas promoviert hatte.

Unbekannte Funktion geklärt

Bei der Suche nach Homologen des Prokaryonten-Proteasoms in M. mazei war Ammelburg eine auf den ersten Blick nur weitläufig mit dem Proteasom verwandte Proteindomäne aufgefallen, die in Datenbanken bisher unter der Bezeichnung „Domäne mit unbekannter Funktion” oder kurz DUF2121 geführt wurde.

Im Verlauf der umfangreichen Experimente zur Klärung der Struktur und Funktion von DUF2121 fand Fuchs schließlich heraus, dass die Domäne Proteine sequenzspezifisch verbindet und nannte sie daher Connectase (Cnt).

Das natürliche Substrat der Connectase in M. mazei ist die Methyltransferase A (MtrA). Cnt erkennt das Sequenzmotiv KDPGA, das zusammen mit zehn weiteren C-terminal von diesem Motiv gelegenen Resten die katalytische Domäne von MtrA mit der Transmembran-Domäne verbindet. Die Connectase schneidet die Amidbindung zwischen Aspartat (D) und Prolin (P) des Motivs und bindet mit der eigenen N-terminalen Aminogruppe an das frei gewordene Aspartat. Aus dem N-terminalen Fragment des Substrats sowie der Connectase entsteht hierdurch das Fusionsprotein N-Cnt. Das aus PGA und den zehn weiteren Aminosäure-Resten bestehende C-terminale Fragment des Substrats (CnTag) wird hingegen herausgeschnitten.

Portrait von Adrian Fuchs
Adrian Fuchs nutzt die reversible und äußerst spezifische Ligasereaktion der Connectase für die In-Gel-Fluoreszenz-Detektion von Proteinen. Foto: MPG

Mit diesem Mechanismus allein könnte man aber noch nicht viel anfangen. Interessant wird das Ganze erst durch die Reversibilität der Reaktion: Die Connectase zerschneidet das Substrat fortlaufend und fügt die beiden Teile immer wieder zusammen. Statt des ursprünglichen CnTag-Fragments kann man ihr während der Ligase-Rückreaktion ein fremdes mit einem CnTag versehenes Substrat unterjubeln – etwa ein Cn-getaggtes Protein, das man in einem Gel nachweisen will.

Entsprechend simpel gestaltet sich die von Fuchs im Alleingang ausgearbeitete Proteindetektion mit der In-Gel-Fluoreszenz-Technik (Nature Commun. 14: 2505).

Im ersten Schritt des Protokolls stellt man ein fluoreszierendes N-Cnt-Fragment her. Dazu belädt man die Connectase mit einem fluoreszenzmarkierten, zwanzig Aminosäuren langen Peptid, das die Erkennungssequenz KDPGA aus MtrA inklusive der zehn weiteren Aminosäuren enthält. Das Zielprotein verknüpft man im nächsten Schritt N-terminal mit einem CnTag, der aus den drei Aminosäuren PGA des Erkennungsmotivs sowie zehn weiteren Aminosäuren besteht. Anschließend mischt man das Cn-getaggte Zielprotein mit dem fluoreszierenden N-Cnt und inkubiert die Lösung mindestens fünf Minuten bei Raumtemperatur. Die entstandene Fusion aus dem fluoreszierenden N-terminalen MtrA-Fragment und dem Cn-getaggten Zielprotein trennt man schließlich in einem Polyacrylamid-Gel von den restlichen Proteinen des Zellextrakts und weist sie im Gel anhand der Fluoreszenz-Signale mit einem Fluoreszenz-Imager oder einem Scanner nach.

Fuchs testete die In-Gel-Fluoreszenz-Detektion mit zahlreichen Cn-getaggten Proteinen, darunter auch Proteinkomplexe wie GroES sowie Membranproteine, etwa OmpLA, und konnte diese zuverlässig nachweisen. Seine Technik funktioniert sowohl in Puffern mit hohen Harnstoff-Konzentrationen als auch in einem denaturierenden RIPA-Puffer (1% NP-40, 0,5% Deoxycholat, 0,1% SDS), der häufig als Zelllyse-Puffer eingesetzt wird. Tatsächlich erhöhte sich die Labelling-Rate im RIPA-Puffer sogar um das Doppelte gegenüber einem Puffer ohne Detergenzien.

Sehr sensitive Detektion

Den RIPA-Puffer setzte Fuchs auch ein, um die Sensitivität von In-Gel-Fluoreszenz-Technik und Western Blot zu vergleichen. Dazu transfizierte er HEK293-Zellen mit Plasmiden, die für cMyc- oder Cn-getaggte Proteine codierten, lysierte die Zellen in einem RIPA-Puffer und analysierte den Zellextrakt mit einem Western Blot oder mit der In-Gel-Fluoreszenz-Methode. Bei letzterer konnte Fuchs die Zielproteine noch in einem Zellextrakt nachweisen, der nur fünf Nanogramm Protein enthielt – im Western Blot waren dazu fünfhundert Nanogramm nötig.

Und wie sieht es bei der In-Gel-Fluoreszenz mit der Quantifizierung der detektierten Banden aus? Fuchs vermutete, dass zwei Cn-getaggte Proteine, etwa ein Referenzprotein und das Zielprotein, um das N-Cnt-Substrat konkurrieren würden und sich ihre Signalstärken daher proportional zu ihrer jeweiligen Konzentration verhalten müssten. Um seine Annahme zu prüfen, mischte er eine konstante Menge (125 Femtomol) eines Referenzproteins mit unterschiedlichen Mengen des Zielproteins und analysierte nach der Elektrophorese die Bandenintensität. Tatsächlich beobachtete er einen linearen Zusammenhang zwischen Proteinkonzentration und Signalstärke.

Trug er das Verhältnis der Signalstärke gegen die Proteinkonzentration auf, erhielt er für jedes Zielprotein eine Gerade mit einer anderen Steigung beziehungsweise einem anderen k-Wert. Das war im Grunde auch zu erwarten, denn das Signal eines mit einem Protein verknüpften Fluorophors wird von dem Protein mitbeeinflusst – etwa durch Verstärkung oder Auslöschung (Quenching). Aus dem Verhältnis der Signalstärken lässt sich daher nicht nur die relative Menge des Zielproteins berechnen, sondern auch die absolute. Dazu muss man lediglich den k-Wert für das jeweilige Protein-Paar ermitteln, indem man die Signalstärken der Banden in einer 1:1-Mischung aus Referenz- und Zielprotein misst.

Fuchs denkt bereits über weitere Optimierungen seines Verfahrens nach. So schweben ihm zum Beispiel vorgefertigte fluoreszierende N-Cnt-Fragmente vor, die das Protokoll beschleunigen würden, oder auch CnTag-spezifische Antikörper, die man etwa für Affinitäts-Reinigungen verwenden könnte.

Harald Zähringer